Sfumato

2013, Klangobjekt.
Triptychon, 96 Breitbandlautsprecher, Litze, MDF, Audioanlage, 2-Kanal Komposition, 136 x 194 cm
KULTUMdepot Graz

Aus einem bipolaren Rauschgeflecht, weisses und rosa Rauschen, formen sich Laute und Töne, die sich langsam zu Wortfragmenten bilden. Das intentionale Hören wird irritiert, da die Töne sich immer wieder im schwingenden Zwischenraum verlieren.
Durch die fixierte Schallausrichtung befindet sich die RezipientIn im schwingenden Raum mit Ausblick in die leere Mitte. Dies führt unweigerlich in eine reflexive Position des Ichs.

Photos © Clemens Nestroy, Clara Oppel, Gernot Muhr (2)

Sfumato, der Titel dieses „Fensters“, dessen Flügel aus Lautsprechern bestehen, verrät die Herkunft aus der Malerei, genauer: aus der Malerei der Renaissance. Leonardo da Vincis Maltechnik erzeugte ein Vibrieren, das die konturscharfe Begrenzung unterlief. Clara Oppels künstlerische Herkunft sind die Malerei und die Skulptur. In dieser Arbeit schlägt sie einen weiten Resonanzbogen zu diesen Medien und schreibt sie mit zeitgenössischen Mitteln, die sie seit Jahren in der Klangskulptur entwickelt, weiter. Zusätzlich greift sie dezidiert auf die Form des „Triptychons“ zurück. Dessen Entstehungsort ist das Altarretabel. Das Mittelfeld aber ist hier leer. Es wird zur Projektionsfläche für die Betrachtenden. In der Renaissancemalerei wird dabei zudem das Fenster als neue Dimensionen eröffnender Raum entdeckt. Mit diesem kulturgeschichtlichen Background entwickelt die Künstlerin ein Rauschgeflecht, das bipolaren Quellen entstammt: einem „weißen Rauschen“ aus dem rechten, und einem „rosa Rauschen“ aus dem linken Flügel. Allmählich formen sich Laute und Töne, die sich langsam zu Wortfragmenten bilden. Irritiert wird das intentionale Hören, weil die Töne sich immer wieder im schwingenden Zwischenraum verlieren. Durch die fixierte Schallausrichtung befindet sich der/die Rezipient:in im schwingenden Raum mit Ausblick in die leere Mitte. Sie ist der verdichtete Ort, in dem sich das allmähliche Verstehen des gesprochenen Satzes ereignet und der sich dadurch der Begrenzung entzieht und sich in die Offenheit weitet. 

Text: Johannes Rauchenberger